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Pressemitteilungen

Verband Hessischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer VHGLL
Geschichte für heute lehren und lernen!

Auf dieser Seiten finden Sie öffentliche Stellungnahmen des VHGLL zum politischen und gesellschaftlichen Geschehen mit Bezug auf Geschichte oder Erinnerungskultur, die zuvor auf der Seite Aktuell eingestellt waren, aber deswegen nicht “inaktuell” wurden.

Nationalsozialismus ein “Vogelschiss” in der deutschen Geschichte?
Interview mit dem VGD-Vorsitzenden zur Gauland-Äußerung auf news4teachers, 5.6.2018


VHGLL, 29.7.2017

Stolz auf Wehrmachtssoldaten? Wie Gauland die Rede von Mitterrand verfälscht

Die Äußerung von Alexander Gauland, man könne auf die “Leistungen der Wehrmachtssoldaten stolz sein”, hat viel Empörung hervorgerufen. Doch wer von denen, die sich darüber empören, hat es auch für nötig empfunden, Gaulands anschließende, mehrfach in den Medien gebrachte Rechtfertigung zu überprüfen, Mitterrand habe das 1995 nämlich auch gesagt? Zum jetzigen  Zeitpunkt (29.9.) habe ich noch keinen “Faktencheck” diesbezüglich gehört oder gelesen. Nicht nötig?

Die Welt 15.9.17; Spiegel Online 14.9.17; BuzzFeed 14.9.17

Mitterrands Rede vom 8.5.1995 kann man auf einer Seite der Bundesregierung nachlesen. Diese Rede zur Versöhnung der Europäer anlässlich des 50. Jahrestages des Kriegsendes endete mit einem Appell, die deutschen Soldaten nicht pauschal dafür zu verurteilen, dass sie einer schlechten Sache gefolgt sind, weil sie ihr Vaterland liebten. Manch einer mag Mitterrands versöhnlichen Ton hier zu versöhnlich finden, keinesfalls hat er jedoch das gesagt, was Gauland daraus gemacht hat: An keiner Stelle sprach er davon, man könne stolz auf die Soldaten sein. Das bedeutete auch etwas ganz anderes, nämlich dass sie das Richtige getan hätten. Einer schlechten Sache zu folgen, kann jedoch nicht gut sein, man kann allenfalls versuchen, diesen Irrtum zu verstehen.

Vgl. auch unsere Erklärung zur Dresdner Rede von hier weiter unten sowie als pdf .

W. Geiger, 29.9.2017

Nachtrag:

Am selben Tag wie die o.g. Presseerklärung und der hiesige Eintrag (29.9.) erschien im BILDblog ebenfalls ein Faktencheck zu Gauland/Mitterrand von Jahannes Kram. In dem Beitrag wird der dpa vorgeworfen, am 15.9. Gaulands Rede zitiert zu haben, ohne selbst mit dem Original von Mitterrand zu vergleichen. Ein aufmerksamer Kommentator auf Twitter - auf der Website dokumentiert - wies dann darauf hin, dass es diesen Vergleich von dpa später gab und am 25.9. auf TAG24 publiziert wurde.

Das macht den Vorgang noch interessanter, weil diesen Nachtrag von dpa offenbar fast niemand wahrgenommen hat oder er niemanden interessiert hat. Noch heute (3.10.) findet man mit einer Websuche zu “Gauland Mitterrand” lediglich die beiden zitierten Webseiten (plus eine linksradikale, auf die wir hier nicht weiter eingehen), außerdem taucht das Thema noch einmal auf in einem Interview von Gauland mit der Aargauer Zeitung (Schweiz), die ihn kritiisch danach befragt, ob man denn bei einem Angriffskrieg stolz auf die Leistung der Vaterlandsverteidigung sein könne, worauf Gauland Mitterrands Zitat auf die Soldaten des 1. Weltkriegs bezieht - ebenfalls falsch. Dass Gauland sich aber grundsätzlich zu Unrecht auf Mitterrand berief, war dem Interviewer auch nicht klar.


Presseerklärung des VHGLL vom 21.1.2017

Heute wird die Erinnerungskultur revidiert, morgen die Geschichte

Erklärung zu den Äußerungen von Björn Höcke in Dresden am 17.1.2017

Der VHGLL hält es für erforderlich, die Rede Björn Höckes in Dresden nicht unkommentiert zu lassen.

Ob eine Formulierung ("Denkmal der Schande") oder die gesamte Rede strafrechtlich relevant ist, werden die zuständigen Behörden entscheiden. Wichtiger ist dem VHGLL die Bewertung der inhaltli-chen Aussage der Rede als Ganzes, die sich von ihrem Inhalt und politischen Kontext her erschließt.

Die Erinnerung an den Nationalsozialismus und seine Verbrechen ist fester Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur und des Geschichtsunterrichts. Das Holocaust-Mahnmal in Berlin kann man als Kunstwerk kritisieren, dies war von Anfang an der Fall, nicht aber seinen Zweck als "Funktionalisie-rung von Auschwitz" in Frage stellen, wie es seit der Paulskirchenrede von Martin Walser 1998, auf die Höcke auch anzuspielen scheint, leider selbst in "Mainstream"-Medien Eingang gefunden hat. Funktionalisieren oder Instrumentalisieren heißt: etwas anderes damit bezwecken. Auf diesem Wege landet man dann bei Höckes Ansicht, der im Holocaust-Mahnmal nur den deutlichsten Ausdruck ei-ner "dämlichen Vergangenheitsbewältigung" sieht, welche die "nach 1945 begonnene systematische Umerziehung" des deutschen Volkes fortsetze um ihm "seine kollektive Identität zu rauben". In der Schule vermittele der Geschichtsunterricht eine "Pflicht zur Selbstauflösung". Mit seiner Forderung nach einer "erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad" will Höcke all dies Negative in der deut-schen Geschichte ausblenden und nur das für den historischen Rückblick bestehen lassen, was er als positiv erachtet.

Höckes Thesen sind alles andere als neu, sie finden durch ihn und andere nur ihren Weg aus den rechtsextremen in rechtspopulistische Kreise und Medien, inhaltlich etwas entschärft und sprachlich geglättet, und von dort aus weiter in die Öffentlichkeit. Lässt man sich darauf ein, so führt der Weg dieses Denkens von der Revision der Erinnerungskultur zwangsläufig zurück zur Revision der Ge-schichte selbst, in der Auschwitz erst nur noch "ein Detail" ist, um mit Jean-Marie Le Pen zu spre-chen, bis es am Ende ganz im Geschichtsrevisionismus verschwindet. Die "Umerziehung" mache laut Höcke aus den Deutschen ein "Volk der Täter", die Umkehrung um 180 Grad müsste sie dann als ein "Volk von Opfern" begreifen, so die darin steckende Logik.

Dem entgegenzuwirken ist nicht die ausschließliche, aber eine unverzichtbar zentrale Aufgabe des Geschichtsunterrichts. "Aus der Geschichte lernen" ist diesbezüglich angesichts der aktuellen Ent-wicklung auch dringender als je zuvor. Die Dresdner Rede bestätigt somit nur die Einschätzung des Hessischen Kultusministers von vor einem Jahr, dass unter diesen Umständen Björn Höcke im Falle einer Rückkehr nach Hessen "nicht mehr Unterricht an einer unserer Schulen" erteilen dürfe. (FR, 16.1.2016).

 

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