In der Weimarer Republik kehrte sich das Verhältnis zwischen Staat und Geschichtslehrerverband um, indem nun der Verband konservativ und der Staat reformorientiert waren, oder aber, wie Tobias Schmuck meinte, in dem scheinbaren Konservatismus des Verbandes äußerte sich nur weiter- hin dieselbe Haltung der Ablehnung gegen staatliche Bevormundung. Prof. Conze zeigte jedoch auf, dass dies nicht für die „Gleichschaltung“ 1933 galt, der sich die Führung des Verbandes vorauseilend unterwarf. Die Spannbreite der politischen Orientierung der Führungspersönlichkeiten ging von nationalliberal bis konservativ, wobei letztere, mit einer deutlichen Distanz zur Weimarer Republik, überwog. Diese Distanzierung wurde entscheidend durch das Erbe des 1. Weltkriegs (Kriegsschuldfrage, Ver- sailler Vertrag) geprägt. Die politische Ordnung wurde vom Staat her gedacht und nicht vom Bürger her wie in den westlichen Demokratien. In dieser scheinbaren Haltung des Unpolitischen (unpolitisch gegenüber der aktuellen Politik der Weimarer Republik) kam letztlich eine politische Haltung zum Ausdruck, die offen für autoritäre und nationalistische Ideo- logien war. Zu dieser Phase seiner Geschichte und v.a. zur Zeit nach 1933 ist noch viel Forschungsbedarf, weil wenig bekannt, erklärte Prof. Conze.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg musste sich der Verband, jetzt 1949 als Verband der Geschichtslehrer Deutschlands neu gegründet, mit Heraus- forderungen der Politik auseinandersetzen, so seit den 1960er Jahren im Zuge der Liberalisierung der Strukturen mit der Forderung nach Gegen- wartsbezug und der dadurch bewirkten Politisierung des Faches Geschichte. Seit 1989 stellen nicht nur die deutsche Wiedervereinigung sondern auch die europäische Einigung und die Globalisierung neue Herausforderungen an den Geschichtsunterricht.
Hinsichtlich der Herausforderung zur Kompetenzorientierung, der auch das Fach Geschichte seit PISA & Co. unterworfen wird um schulische Defizite zu kompensieren, setzten Prof. Conze und Herr Bongertmann unterschied- liche, aber nicht unvereinbare Akzente: einerseits die Warnung vor der Gefahr der Entwissenschaftlichung und des Verlusts der Inhalte zugunsten eines formalen Verständnisses von Kompetenz, andererseits aber auch der Hinweis auf die nicht ganz erfolglosen Initiativen bei der Mitarbeit des Verbandes in der bildungspolitischen und didaktischen Diskussion. Die Verbindung zwischen Inhalten und Kompetenzorientierung, darauf wies Herr Bongertmann hin, hat der Verband auch in eigenen Bildungsstandards als Empfehlung vollzogen.
Regte der Vortrag on Prof. Kampmann am Vormittag an, sich ver- gleichend mit Entscheidungen bildungspolitischer Protagonisten in der frühen Neuzeit und heute zu befassen, so boten die Vorträge der akademi- schen Feier hinreichend Stoff für eine kritische Auseinandersetzung mit der Verbandsgeschichte. Bei einem Sektempfang bestand nach der Veranstaltung Gelegenheit, sich darüber auszutauschen.
Text und Fotos (c): W. Geiger
|