Kurzer Bericht von der Fortbildungsveranstaltung
Das aufgezeichnete Video der Präsentation ist durch einen Klick auf die Abbildung rechts abufbar bis zum 1.3.2022.
Dr. Jan Hodel beschäftigt sich seit langem mit der digitalen Entwicklung in unserem Fach und auch darüber hinaus. So ist er Editorial Board der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft e.V. (gmw) und Mitglied im Arbeitskreis Digitaler Wandel und Geschichtsdidaktik der Konferenz für Geschichtsdidaktik (dwgd) Und er ist Autor des Buches Wikipedia im Unterricht, das 2020 bei Wochenschau erschienen ist und an das die Fortbildung anknüpfte.
Herr Hodel hat 2013 mit einer Dissertation zur Internetnutzung von Jugendlichen für das Erstellen von Geschichtsreferaten promoviert.
Damals wie heute wurden schon Google und Wikipedia mehrheitlich von Schüler*innen für Geschichtsreferate verwendet, heute nutzen diese vermehrt YouTube und andere Erklärvideokanäle. Es stellt sich also die Frage: Warum ist es sinnvoll, Wikipedia u.a. im Geschichtsunterricht zu verwenden?
Wikipedia ist nützlich, aber kann man ihr trauen? Fakt ist, dass so gut wie alle Internetnutzer*innen Wikipedia regelmäßig verwenden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Wikipedia ist aktuell, schnell, umfassend und zu fast jedem Stichwort ist dort etwas enthalten. Allerdings schwankt die Qualität inhaltlich wie formal. Problematisch ist, dass Schüler*innen die mangelnde bzw. schwankende Qualität nicht ohne Weiteres erkennen. Die Produktionsbedingungen bei Wikipedia sind ebenfalls unklar, da sich jede*r an der Herstellung der Artikel beteiligen kann. Es gibt beispielsweise keine Klarnamenpolitik bei Wikipedia. Richtig ist dennoch, eher die Potenziale zu sehen als nur die Probleme.
Wikipedia ist inzwischen zu einem Standard geworden und sollte Teil der Medienbildung in der Schule sein. Schüler*innen müssen also in den reflektierten Gebrauch von Wikipedia eingeführt werden und sollen auf dieser Grundlage zu kritischen Internetnutzern erzogen werden. Auch für die Schulrealität 2.0 spielt Wikipedia eine übergeordnete Rolle, da unter Pandemiebedingungen dieses Konvolut besonders häufig konsultiert wird.
In seinem Vortrag geht Herr Hodel im Weiteren auf die Geschichte und Methodik Wikipedias ein, auf die anfangs stark verbreitete Kritik und den Transformationsprozess zur Qualittässicherung. Diesen Entwicklungsprozess kann man auch auf Wikipedia selbst nachverfolgen.
Desweiteren werden Beispiele für nach wie vor bestehende Probleme, aber auch Vorteile von Wikipedia aufgezeigt. Welchen Grad an Wissenschaftlichkeit haben die Beiträge, wie kann man das überprüfen? In vielen Einträgen hat sich Wikipedia inzwischen quantitativ und qualitativ so weit entwickelt, dass dies wiederuim die Frage der Nutzung durch Schülerinnen und Schülern aufwirft (selektives Lesen).
Schließlich werden praktische Anwendungsmöglichkeiten für einen produktiven Umgang mit Wikipedia im Unterricht aufgezeigt. Darunter ist auch ein Vergleich von Einträgen in verschiedenen Sprachen (und somit verschiedenen Autoren unterschiedlicher Herkunft) zum selben Thema, hier am Beispiel “Napoleon”, woraus sich ganz unterschiedliche Perspektiven auf dasselbe Thema ergeben.
Aus der anschließenden Diskussion:
In einer zweiten Phase, die sich an den Vortrag angeschlossen hat, stellte Herr Hodel fünf verschiedene Themen zur Wahl, die er in einem Tablet aufgeführt und mit PDF-Dokumenten konkretisiert hat.
Eine Teilnehmerin sieht den großen Vorteil, dass auch die Herkunftssprachen der einzelnen Schülerinnen berücksichtigt werden und so manche fremdsprachlichen Texte erschlossen werden können.
Eine Kollegin merkt an, dass es durchaus schwierig ist, einen Arbeitsauftrag zu stellen, wie die Hyperlinkkette, da man als Kolleg*in die Kontrolle nicht mehr hat und auch nicht weiß, „wohin die Reise geht“. Herr Hodel rät in diesem Zusammenhang dazu, dieses Projekt zunächst mit bekannten Themen durchzuexerzieren. Andererseits möchte er auch gerne ermutigen, Links mit Schüler*innen gemeinsam zu überprüfen.
Eine weitere Teilnehmerin sieht problematisch, dass manche Wikipedia-Artikel an sich schon sehr lang sind, was für einzelne Schüler*innen eine Überforderung darstellen könnte. Herr Hodel stimmt zu, dass längere Texte aufgeteilt werden müssten. Vorteilhaft sei, dass beim Lesen von Wikipedia Artikeln das überfliegende und gezielte Lesen trainiert werde.
Ein weiterer Teilnehmer merkt an, dass bei Wikipediaartikeln häufig das Problem besteht, dass sie eben nicht altersgerecht sind und den lebensweltlichen Bezug der SchülerInnen haben. Herr Hodel hebt vor, dass mithilfe der Kontrastierung (z.B. mit Schulbuchtexten) dieses Manko auch den Schüler*innen deutlich wird. Potential liege allerdings in der Tatsache, dass Wikipedia Fußnoten enthält, ganz im Gegensatz zum Schulbuch.
Alles in allem hat das Thema bei den Mitgliedern des Verbandes Hessischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer hohes Interesse hervorgerufen: 33 Teilnehmer haben interessiert dem Vortrag von Jan Hodel gelauscht und eine angeregte Diskussion geführt oder sich im Chat beteiligt.
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